Historische Grenzsteine in Hoisbüttel

Historische Grenzsteine in Hoisbüttel

von Klaus Tim

Bedingt durch die besondere Geschichte des Dorfes Hoisbüttel wurden an seinen Grenzen insbe­sondere im 19.Jahrhundert zahlreiche Grenzsteine gesetzt. Diese haben sich größtenteils erhalten.

Spätestens ab 1396, als Henneke Hummersbutle u.a. halb Hoisbüttel von Henneke Rantzau kaufte, war Hoisbüttel geteilt. 1437 erwirbt Hamburg Halb-Hoisbüttel als eines seiner späteren Walddörfer. Der andere Hoisbüttler Teil gehörte bis 1606 der Familie von Heest. Deren Nachfolger, die Familie von Buchwald, schuf zu Beginn des 17. Jahrhunderts das Hoisbüttler Gut. So unterstand das Dorf zwei Obrigkeiten und deren Dorfteile lagen bunt durcheinander. Auch die Verkopplung 1792/93 änderte hieran nichts.

Das an Hoisbüttel grenzende, am gleichnamigen Bach gelegene hamburgische Dorf Lottbek wurde in 16 Jahrhundert wüst. Die Hoisbüttler nutzten den größten Teil dieser Flur, das Gebiet zwischen der Bredenbek und der Lottbek und einiges Ackerland jenseits der Lottbek. Geringere Teile der Lottbeker Flur nutzten Bergstedter (Holstein) und Volksdorfer (Hamburg) Bauern.

Im Jahre 1803 tauschte Hamburg das halbe Hoisbüttel (und Bilsen) gegen Alsterdorf ein. Hoisbüttel kam über ein Zwischenstadium 1805 zum Amt Tremsbüttel. Der andere Dorfteil verblieb beim Gut Hoisbüttel und gehörte zum Itzehoer Güterdistrikt.

Dieser kuriose Zustand wurde auch durch die Einverleibung Schleswig-Holsteins in den preu­ßischen Staat (1867) nicht beseitigt. Es gab bis zu deren freiwilligem Zusammenschluß im Jahre 1927 die beiden Gemeinden Hoisbüttel-amtlicher Anteil und Hoisbüttel-Gutsanteil. Die Gemeinde­zugehörigkeit wechselte teilweise von Haus zu Haus, von Koppel zu Koppel.

Die Grenze zwischen Hoisbüttel (Amt Tremsbüttel) und Volksdorf (Hamburg)

Die Verkopplung 1792/93 betraf nicht die von hamburgischen Hoisbüttlern genutzten Ländereien jenseits der Lottbek. Als nun Hamburg 1803 Halb-Hoisbüttel abtrat, war die Grenze zwischen Hoisbüttel und Volksdorf nicht genau geregelt. Aus der ehemaligen Grenze zwischen zwei zu Hamburg gehörenden Dörfern war eine Landesgrenze zwischen der Freien Reichsstadt Hamburg und dem Herzogtum Holstein geworden.

Auf den von den Hoisbüttlern genutzten Lottbek-Teil erhob Hamburg keine Ansprüche – zu selbst­verständlich war die Flur des ehemaligen Lottbeks in der Feldmark Hoisbüttels aufgegangen.

Von 1807 bis 1927 wurden nun der Grenzverlauf der drei Hamburger Enklaven durch Steine markiert.

1. Grenzabschnitt entlang der Lottbek bis zum Roggenstall

Vom Grenzpunkt zwischen Hoisbüttel, Wulfsdorf und Volksdorf wurden 18071 entlang der Lottbek und dem Neuen Teich und von dort bis zum Roggenstall zehn Grenzsteine gesetzt. Sie tragen die Buchstaben NO (für Nummero) und die fortlaufende Nummer 1 bis 10.

Alle zehn Steine existieren noch; die Steine Nr. 1, 2 und 4 sind aber infolge des weichen Unter­grundes kaum oder nicht mehr sichtbar.

Vermutlich 18322 wurde der Teich abgelassen (bis 1956) und 1833 bzw. 18353 wurden vier4 weitere Steine gesetzt. Diese Steine 3a, 3b, 3c und 3d markierten den Grenzverlauf im ehemaligem Teich zwischen den Steinen 3 und 4.

Auch diese vier Steine existieren noch. Sie sind jedoch im Bach bzw. Teich verschwunden und fingerdick vom Schlamm bedeckt.

Insgesamt handelt es sich hier um eine noch geschlossen existierende Grenzsteinserie von zehn Steinen und vier Ergänzungssteinen.

2. Grenzsteine an der Heinrich-von-Ohlendorff-Straße

Im Zuge der Festsetzung der Grenze im Wensenbalken zwischen Volksdorf (Hamburg) und Bergstedt (Preußen) wurden 1883 sieben Grenzsteine gesetzt5. Sie tragen außer den Buchstaben P (für Preußen) und H (für Hamburg) fortlaufend die Buchstaben A bis G und die Jahreszahl 1883. Der Stein A befindet sich – wie die Eigentümer glaubhaft versichern – unter der Hecke des Grund­stückes Heinrich-von-Ohlendorff-Straße Nr. 23: hier ist der Grenzpunkt Hoisbüttel, Volksdorf, Bergstedt. Der Stein G befindet sich bei dem Haus Nr. 95. Zwischen A und G bildete die Mitte zwischen dem Knick (noch heute teilweise vorhanden) und dem Graben (verschwunden) die Grenze6.

Für Holstein bildete nun die Linie vom Stein G bis zum Stein Nr. 10 aus dem Jahre 1807 die Grenze, für Hamburg war es aber die Lottbek. So mußten drei weitere Steine gesetzt werden; mit den Buchstaben J, K und L und der Jahreszahl 18857. Nun konnte die Lottbek in diesem Bereich die Grenze bilden und ein Hoisbüttler Bauer ohne Grenzüberschreitung seinen jenseits des Baches lie­genden Acker erreichen.

Von diesen zehn mit Buchstaben versehenen Grenzsteinen (der Buchstabe H wurde nicht verwendet8) existieren die fünf Hoisbüttel betreffenden Steine A, G, J, K und L noch. (Von den anderen fünf sind die Steine E und F wohl verschwunden.)

Dieser oben erwähnte Acker, der heute den parkartigen Garten des Hauses Heinrich-von-Ohlendorff-Straße Nr. 99 bildet, wurde 1927 mit fünf Steinen vermarkt, die die Buchstaben H und P tragen9.

Von diesen fünf Steinen wurden 1994/95 nur vier aufgefunden.

3. Grenze der nördlichen Halb-Enklave

Im Winkel zwischen der Heinrich-von-Ohlendorff-Straße und dem Volksdorfer Weg wurden bereits 1854 zwei Grenzsteine gesetzt, da der Besitzer der hamburgischen wie auch der angrenzenden Hoisbüttler Wiese den Grenzgraben zugeschüttet hatte10. Es wurde ein gerader Grenzverlauf fest­gelegt und dieser mit zwei Steinen markiert. Die Steine trugen die Aufschrift T (für Amt Trems­büttel) und H (für Hamburg).

Schon bei der Festlegung der Grenze entlang der Heinrich-von-Ohlendorff- Straße 1883 war nur noch der an der Lottbek gesetzte Stein vorhanden11.

1920 wurde die Landesgrenze hier neu vermessen. Der Stein aus dem Jahre 1854 befand sich mitt­lerweile im Bach und wurde 3 m vom eigentliche Grenzpunkt (im Bach) entfernt neu aufgestellt. Der zweite Stein fand sich am richtigen Ort wieder an, jedoch fehlte die obere Hälfte. An diesem Standort wurde ein neuer Stein mit der Aufschrift H (für Hamburg) bzw. P (für Preußen) gesetzt; der halbe alte Stein wurde an einem dritten Grenzpunkt verwendet12.

Von diesen drei Steinen sind zwei erhalten. Lediglich der halbe Grenzstein aus dem Jahre 1854 konnte 1995 nicht wieder aufgefunden werden. An seiner Stelle befindet sich ein „normaler“, heute üblicher Grundstücks-Grenzstein aus Zement.

Grenze zwischen Hoisbüttel (Amt Tremsbüttel) und Ohlstedt (Hamburg)

Schon vor der Vermessung Hoisbüttel im Jahre 1777 war die Bredenbek als Grenzbach zwischen dem Spannrehm und der Bekloh begradigt worden, und die Ohlstedter benutzten zwei Wiesen auf der Hoisbüttler Seite der Bek13.

1842 wurde die Grenze in der Bekniederung durch insgesamt zehn Grenzsteine vermarkt und der Rechtsanspruch Hamburgs anerkannt14.

Die Steine tragen die Inschrift T (für Amt Tremsbüttel) und H (für Hamburg) und die fortlaufende Nummer 1 bis 10. Alle zehn Steine existieren noch und wurden 1985 wieder aufgerichtet.

Grenze zwischen Hoisbüttel (Adeliges Gut) und Wulfsdorf/Bünningstedt (Adeliges Gut Ahrensburg)

Diese Grenze wurde 1793 etwas begradigt und der strittige Bereich am Bredenbeker Teich zu­gunsten Ahrensburgs festgelegt15. Am Ende des fraglichen Grenzverlaufs befindet sich ein Grenz­stein mit den Buchstaben H (für Adeliges Gut Hoisbüttel) und A (für Adeliges Gut Ahrensburg), der vermutlich aus dem Jahre 1793 stammt.

Auf der zu dieser Grenzbeschreibung gehörenden Karte ist an der damals noch nicht begradigten Lottbek ein Stein verzeichnet. Dabei könnte es sich um den heute 10 m vom Ufer entfernt liegenden Findling handeln.

„Der Hufeisenstein“

An der Hamburger Straße in der Nähe der Einmündung der Heinrich-von Ohlendorff-Straße be­findet sich ein sogenannter „Hufeisenstein“. Schon auf der Karte von Hoisbüttel aus dem Jahre 1777 ist hier ein „Scheidestein“ vermerkt. Da der Stein heutzutage die Inschrift „Amt Trittau“ (bergstedterseits) und „Amt Tremsbüttel“ (hoisbüttlerseits) trägt, handelt es sich nicht um den Stein von 1777 – es sei denn, man hat auf Hoisbüttler Seite die Inschrift erneuert. Bis 1803 grenzten hier Bergstedt (Amt Trittau) an das strittige Gebiet des ehemaligen Dorfes Lottbek, also an Hamburg. Und wenn mit dem anderen Eintrag Hoisbüttel gemeint sein sollte – die Hoisbüttler Bauern nutzten das in Richtung der Lottbek gelegene Ackerland -, so gehörten diese Teile bis 1803 zum hambur­gischen Teil Hoisbüttels. Die Inschrift „Amt Tremsbüttel“ gibt vor 180516 keinen Sinn. Da Hoisbüttels Ansprüche in diesem Bereich spätestens 1807 akzeptiert wurden, wird der Stein frühestens aus dieser Zeit stammen – oder aber die Inschrift.

Weitere Grenzmarken

Bei dem unter I.1. genannten Stein NO 10 befindet sich der beschädigte Sockel einer ehemaligen Grenztafel (Grenze Preußen-Hamburg). Diese Grenztafel wurde vermutlich in den 1930er Jahren zerstört und der Sockel vor einigen Jahren als Wegmarkierung missbraucht. Der Sockel wurde 1994 wieder an seinen alten Platz beim Grenzstein NO 10 gesetzt.

Bei dem unter I.2. genannten Stein L befindet sich ein großer breiter Stein. Hierbei handelt es sich vermutlich um einen alten Grenzstein17.

In der Nähe des steinernen Steges über die Bredenbek (siehe VI) befindet sich ein großer Stein ohne Inschrift, der vielleicht ebenfalls ein alter Grenzstein ist18.

Steinerne Stege

Als Besonderheit existieren noch zwei steinerne Stege. Diese waren Teile des Richtweges zwischen den hamburgischen Walddörfern Volksdorf und Wohldorf und querten die Lottbek bzw. die Bredenbek. Bei Reinigungsarbeiten wurden die Stege vermutlich Anfang der 60er Jahre zur Seite geräumt. Der Lottbek-Steg befindet sich auf Privatgelände; der Bredenbek-Steg liegt fest ver­wachsen im Wurzelwerk einer Erle.

Zusammenfassung

Die im Ammersbeker Ortsteil Hoisbüttel noch vorhandenen mindestens 37 historischen Grenzsteine stammen aus den vergangenen 200 Jahren und verdanken ihre Existenz zum größten Teil Hoisbüttels Nachbarschaft zu den hamburgischen Walddörfern Ohlstedt und Volksdorf. Auf Hamburgs Betreiben wurde die Grenze im ehemaligen Dorfe Lottbek zwischen Volksdorf (Hamburg) und Hoisbüttel und Bergstedt (beide Holstein) immer wieder präzisiert.

Historische Grenzsteine sind eine besondere Gruppe von Kulturdenkmalen19 und als solche ge­schützt. Auch wenn ein Stein keine Funktion als Kataster-Grenzzeichen mehr haben sollte, gibt er doch Zeugnis aus vergangenen Tagen und ermöglicht uns, die territoriale Entwicklung unserer Dörfer und Städte nachzuvollziehen und so besser zu verstehen. Als steinerne Urkunden können Grenzsteine nur an dem Platz, für den sie bestimmt sind, ihre Aufgabe erfüllen. Deshalb gehö­ren Grenzsteine an ihren ursprünglichen Ort und nicht in den Vorgarten. In absehbarer Zeit droht den Ammersbeker Grenzsteinen keine andere Gefahr.

Literatur

Hans-Walter Hedinger: Kurzinventar der historischen Hamburger Grenzsteine mit einem Abriß der Hamburger Territorialgeschichte; Hamburg 1972.

Burkhard von Hennigs: Historische Grenzsteine im Kreis Stormarn, in: Denkmalpflege im Kreis Stormarn (I), Stormarner Hefte 9/1983, Neumünster 1983, S. 170 – 192.

Alf Schreyer: Ein merkwürdiger Grenzstein zwischen Bergstedt und Hoisbüttel; in: Unsere Heimat – Die Walddörfer 3/1967, S. 41-42.

Alf Schreyer: Alte Grenzsteine im und am Lottbek-Stauteich; in: Unsere Heimat – Die Walddörfer 4/1982, S. 79-83.

Alf Schreyer: Lottbek, ein untergegangenes Dorf zwischen Ammersbek und Hamburg; in: Festschrift Alf Schreyer, Stormarner Hefte 15/1990, Neumünster 1990, S. 16 – 65.

Heinz Waldschläger: Zehn Grenzsteine für „einige Kleinigkeiten Land“; Unsere Heimat – Die Walddörfer 3/1987, S. 37-38.

Fußnoten

  1. diese Jahreszahl findet sich bei Hedinger, S. 21, Grenzstein 144.
  2. LAS Abt. 111 Nr. 545; Karte vom 9. August 1835.
  3. LAS Abt. 111 Nr. 545; Karte aus dem Jahre 1835.
  4. In der Karte aus dem Jahre 1833 finden sich nur die Steine 3a, 3b und 3c; die spätere Karte enthält auch den Stein 3d.
  5. StAHamb Kämmerei I Nr.451 Cl IV Lit A Nr 2 i Vol 8 b 6 a.
  6. Kommissariat für Grenzangelegenheiten, Protokoll vom 21.1.1933; Kopie aus dem Katasteramt Hamburg-Wandsbek. An diesem Tage wurde sich nochmals Klarheit über den Grenzverlauf verschafft. Danach wurde die Linie zwischen Wall und Graben am 14. Juni 1851 festgelegt.
  7. StAHamb Kämmerei I Nr.451 Cl IV Lit A Nr 2 i Vol 8 c 4.
  8. In den entsprechenden Unterlagen des StAHam (siehe Anm. 5. und 7.) wird stets ein Stein „H“ erwähnt. Damit ist aber der Stein aus dem Jahre 1854 gemeint (siehe I.3.). Aus den Akten (Anm. 7) ist auch durch die Art der Eintragung ersichtlich, daß es sich nicht um einen Stein aus der 1883 gesetzten Serie handeln kann.
  9. Karte vom 25. Mai 1927; Kopie aus dem Katasteramt Hamburg-Wandsbek.
  10. StAHamb Kämmerei I Nr.451 Cl IV Lit A Nr 2 i Vol 8 c 3.
  11. Es wird 1883 stets nur ein Stein an der Lottbek erwähnt und mit „H“ bezeichnet (siehe Anm. 8).
  12. Kommissariat für Grenzangelegenheiten, Protokoll vom 6.3.1920, Kopie aus dem Katasteramt Hamburg-Wandsbek.
  13. Vermessungsprotokoll aus dem Jahre 1777 von Johann Jacob Ramborger, S. 169, StAHamb Kämmerei I, 466.
  14. StAHamb Kämmerei I Nr.451 Cl IV Lit A Nr 2 i Vol 6 b.
  15. Gemeindearchiv Ammersbek H 4 (vorläufiges Verzeichnis).
  16. Hoisbüttel kam 1805 zum Amt Tremsbüttel.
  17. Hedinger, S. 22, Grenzstein 161,A.
  18. Hedinger, S. 103, Grenzstein 119,B.
  19. von Hennigs, S. 190f.